Pfarrkirche Oberrüti
Zur Kirche
Das erste byzantinische Kirchenbauprojekt wurde vom Badener Architekten Caspar Joseph Jeuch (1811- 1895)1862 eingereicht. In einem Gutachten von Wilhelm Keller (Luzerner Baumeister 1823 — 1888) von Mitte Oktober 1862 wurde der Entwurf von Jeuch zur Weiterbearbeitung im gotischen Stil empfohlen. Die Baukommission lehnte das erste Projekt von Jeuch ab. Das neue, geänderte Projekt nach den Plänen des Mainzer Dombaumeister Ludwig Metternich wurde von der Ortsgemeinde angenommen.
Die Bauleitung für den Neubau hatte Wilhelm Keller. Altäre und Kanzel wurden vom Architekten und Altarbauer L. J. Sutter-Meyer in Luzern gefertigt. Die Fenster sind von Joseph Röttinger in Zürich. Altarblätter sind von Joseph Balmer aus Luzern gemalt. Die Orgel ist von Philipp Embach in Mainz erstellt worden. Die Einweihung der Kirche fand am 25. Oktober 1865 statt. 1883 wurde der Turm um 18 Fuss erhöht. 1927 fand eine umfassende Innenrenovation durch Joseph Steiner aus Schwyz statt: Anstelle der Holzdecke wurde im Schiff ein gipsernes Netzgewölbe eingezogen. Die obere Empore wurde abgebrochen. Die Gewölbe im Chor und Schiff erhielten eine neue Ausmalung. Im Chor sind 1927 neue Glasgemälde von Albin Schweri in Luzern nach Entwurf von Eduard Renggli angefertigt worden. 1937 Renovation der Westfassade durch Alois Stadler in Zug, der den bisher über das Dach ragenden Giebel mit Bogenfries vereinfachte und die Giebelrosette entfernte. 1956 Aussenrenovation durch Architekt Walter Spettig in Luzern. 1976/77 grössere Innenrenovation. Es wurden die alten Kirchenbänke durch eine moderne Bestuhlung ersetzt, ein neuer Klinkerboden verlegt und die Wandflächen wurden neu gestrichen.
Aussen
Die Kirche liegt auf einer leicht erhöhten Geländewelle zwischen Reussebene und Dorf. Auf ein rechteckiges Schiff mit Vorhalle folgt der eingezogene, von Turm und Sakristei flankierte polygonale Chor. Der Aussenbau ist durch einfach gestufte, flache Strebepfeiler gegliedert und mit zweiteiligen Spitzbogenfenstern mit gotischem Masswerk durchbrochen. Den verschwundenen Rosetten beidseits der Vorhalle antwortete ursprünglich eine ebenfalls verschwundene Rosette im Giebel. Dieser ragte über das Dach wie ein barockes Frontispiz, diente aber weniger der Fassadenbildung als dazu, den Prismencharakter des Daches zu unterstreichen, und war deshalb bis 1956 zwischen Schiff und Chor und an der querschiffartigen Sakristei wiederholt. Der Turm (vor 1584) fügt sich mit seinem traditionellen Spitzhelm zwischen vier Uhrengiebeln (1883) durch den Verzicht auf Schweifung ein.
Der Kirchenbau von 1869
Die restaurierte Pfarrkirche im Mai 2002
Innen
Das geräumige Schiff ist mit einem gipsernen Netzgewölbe bedeckt. Die grauen Kreuzrippen sind gekehlt und haben einen spitzigen, vergoldeten Gratabschluss. Die Fugen sind mit weissen Doppelstrichen angedeutet. Die Überschneidungen der Rippen sind farbig herausgefasst, mit geometrischen Mustern und vergoldeten Bändern verziert. Die Ecken der Gewölbeflächen sind mit Blumenmotiven ausgeschmückt. Die Blattranken in einem stumpfen, Chromoxydgrün winden sich aussen, wo die Blumensträusse mit 1 — 3 Blüten abgeschlossen werden. Über diesem Scheingewölbe von 1927 hat sich im Dachraum die kleinteilig kassettierte, in drei Flächen gebrochene Holzdecke Metternichs erhalten; an den Schrägflächen waren die Verspannungen zwischen den Sparren und den Andreaskreuzen des Dachstuhls sichtbar gemacht. Der Chor ist mit Kreuzrippen auf Diensten gewölbt. Das Chorgewölbe ist auch reichhaltig ausgemalt. Die Fensterlaibungen im Schiff und im Chor sind ebenfalls mit Dekorationen und Vergoldungen versehen. Die grau gefasste Westempore war ursprünglich zweigeschossig. Altäre und Kanzel sind rot gefasst und sparsam vergoldetet. Der Hochaltar besteht aus drei gestaffelten Spitzbogennischen, überhöht von krabbenbesetzten Giebeln, mit den Statuen der Kirchenpatrone St. Rupert und St. Katharina und mit der Statue des hl. Josef. Die Seitenaltäre zeigen einen hohen, flächen Unterbau, quadratische Bilder und durchbrochene, aus Kielbögen, Fialen und Masswerk gebildetes Gesprenge. Beide Altarblätter sind signiert “J. Balmer Luzern 1868”; sie stellen die Übergabe des Rosenkranzes (die Muttergottes, St. Dominikus, St. Katharina von Siena) und den Kruzifixus (ein Engel fängt das Blut auf) dar.
Das Kircheninnere nach 1869
Nach der Innenrenovation von 1927
Die restaurierte Kirche im Mai 2002
Restaurierung Raumschale
Im Schiff und im Chor ist noch die Ausmalung von 1927 auf den Gewölbeflächen vorhanden. Die Wandflächen wurden anlässlich der Renovation von 1977 mit Dispersion neu gestrichen. Das Restaurierungskonzept beinhaltete eine Reinigung der Dekorationsmalerei auf den Gewölbeflächen und einen Neuanstrich auf den Wandflächen. Die mit Leimfarbe aufgemalte Dekorationsmalerei zeigte eine starke Verschmutzung. Die hellen Gewölbeflächen und die Rippen wurden trocken mit einem Spezialschwamm gereinigt. Die empfindliche Dekorationsmalerei wurde mit einem verdickten Polyvinylalkoholbällchen gereinigt.
Retuschen mussten nur wenige ausgeführt werden. Bei neuen Lampenstellen und an wenigen Schadstellen wurde die Malerei mit Gouachefarben einretuschiert. Auf den hellen Gewölbeflächen mussten einige alte Wasserschäden mit Leimfarbe kaschiert werden. Die Wandflächen wurden mit einer gelblichen Leimfarbe neu gestrichen und der Sockel etwas dunkler abgesetzt. Im Chor konnte das ursprüngliche Schablonenmotiv entlang der Gewölbefläche nach Befund wieder neu aufgemalt werden. Die Bilder auf der Chorbogenwand waren ursprünglich mit Litaneitexten begleitet, die leider bei einer früheren Renovation abgewaschen wurden. Anhand von Fotoaufnahmen konnten die Texte rekonstruiert und neu aufgemalt werden.
Fotodokumentation zur Restaurierung der Raumschale
Um die Reinigung der Gewölbefläche vornehmen zu können, wurden verschiedene Reinigungsproben ausgeführt. Es galt zu überprüfen ob die schwach abgebundne Leimfarbe, mit der die Malerei ausgeführt ist, gereinigt werden kann ohne dass sie Schaden nimmt und welche Reinigungsmethode die beste ist.
Reinigungsprobe auf der Rippe und beim Gewölbeansatz.
Die Gewölbefläche wird mit einem speziellen Trockenschwamm gereinigt
Bei den Blumensträussen wurde zuerst die helle Innenfläche mit dem Spezialschwamm gereinigt und anschliessend konnte die Dekorationsmalerei gereinigt werden.
Besonders heikel war die Reinigung der Blumenmotive, da die Malschicht schlecht haftete und auf der Oberfläche pulverig war. Ein verdicktes, leicht klebriges und grün eingefärbtes Polyvinylalkoholbällchen wurde vorsichtig über die Malerei gerollt, so dass die Verschmutzung auf dem Bällchen haften blieb.
Michael von Arx reinigt von einem Rollgerüst aus die Gewölbefläche.
Die Restauratoren während der Reinigung der Gewölbefläche.
Alois Fleischlin (Bauleiter) und der Stuckateur Antonio Pungitore begutachten die Sicherungsarbeiten im Bereich der Wanddienste, die für die Gewölbestabilisierung nötig waren.
Auf den Kreuzrippen waren einige Schadstellen zu verzeichnen. Der Stuckateur Antonio Pungitore musste diese ausflicken.
An der Gewölbefläche mussten verschiedene kleinere Schadstellen ausretuschiert werden
Im Chor kam unter neueren Anstrichen noch der gelbe Wandanstrich mit rotem Schablonenmotiv von 1927 zum Vorschein.
Um aufzuzeigen wie die Wandfassung von 1927 genau aussah wurde ein Muster ausgeführt.
Mit Wasser, Leimpulver, Kreide und gelben Pigmenten wurde die Leimfarbe für die Wandflächen in der Kirche selber hergestellt.
Die Wandflächen werden mit der Bürste neu gestrichen
David Niederberger beim Aufstreichen der gelblichen Wandfarbe
Die Arbeiten wurden in enger Zusammenarbeit mit den Architekten (G. Wey rechts, U. von Matt links) und dem Denkmalpfleger J. Bossardt (2. von rechts) ausgeführt.
Philipp Obertüfer beim Retuschieren einer Stichkappe im Chor
Die Litaneitexte die die Chorbogenbilder ergänzten wurden leider bei einer früheren Renovation entfernt. Diese musste durch die Restauratoren neu aufgemalt werden. Mit Hilfe von Pausen wird die Schrift auf die Wandfläche übertragen.
Die Texte konnten dann mit roter Leimfarbe aufgemalt werden.
Die Chorbogenbilder hatten auch einige kleinere Schadstellen, die David Niederberger retuschiert.
Chorbogenbild “Pelikan” mit dem Litaneitext — SANGUIS JESU FILII / EJUS EMUNDAT NOS — DAS BLUT SEINES SOHNES / JESUS REINIGE UNS
Schlussaufnahmen
Blumenblüte
Rippenüberschneidung mit Verzierung und Blumensträussen
Gewölbefläche
Blumenstrauss im Gewölbezwickel
Chorgewölbe
Schiff mit Blick Richtung Empore
Schiff mit Blick Richtung Chor
Chor mit der Neugestaltung des Altarbereichs von Gabriel Wey
Die Pfarrkirche von Oberrüti im Mai 2002
Die Gesamtrenovation von 2001 wurde unter der Leitung des Architekturbüros Wey in Sursee, vertreten durch Gabriel Wey und Ueli von Matt ausgeführt. Die Bauleitung wurde durch Alois Fleischlin, Büro Wey, wahrgenommen. Begleitet wurden die Arbeiten von Jürg A. Bossardt Denkmalpfleger des Kantons Aargau.