Musterachse Museggmauer Luzern

Restaurierungsarbeiten Musterachse Herbst 2006

Die Museg­gmauer von Luzern ent­stand als mit­te­lal­ter­liche Stadt­be­fes­ti­gung zwis­chen dem 13. und 15. Jh. Ein gross­er Teil der Stadt­be­fes­ti­gung ist im 19. Jh. abge­brochen wor­den. Erhal­ten sind heute noch 870 Meter Mauer und neun Turme.

Als Vor­bere­itung für eine Gesamtrestau­rierung hat­ten die Restau­ra­toren die Gele­gen­heit auf einen Mauer­ab­schnitt zwis­chen Wacht­turm und Lueg­is­land auf ein­er Muster­achse Putz, Stein und Ziege­lab­deck­un­gen ein­er Kon­servierung und Restau­rierung zu unterziehen. Es galt auf­bauend auf den Erken­nt­nis­sen der Restau­rierungsar­beit­en auf der Muster­achse ein ver­lässlich­es Konzept für die Restau­rierung der mauer zu erarbeiten.

Auf der aus­gewählten Muster­fläche zeigte sich der Putz unter­schiedlich. Im Bere­ich der Zin­nen sowie in Boden­nähe war der Putz stark ver­wit­tert. In der Mit­tel­par­tie der Mauer­fläche waren zum Teil noch grössere Putzflächen nur mäs­sig ver­wit­tert. Beson­ders die Bere­iche der Bögen unter­halb der Mauerzin­nen waren zum Teil sehr stark aus­ge­wit­tert. Bei ver­schiede­nen Bogen- und Mauer­steinen war von der Ver­wit­terung auch der Mauer­mör­tel betrof­fen. Bei den mäs­sig ver­wit­terten Par­tien waren kleinere Flächen noch mit ein­er fast intak­ten Mör­telschicht belegt. Einzelne Mauer­steine waren hier noch mit Mör­tel überdeckt. Meist waren aber die Mauer­steine auf Sicht. Im Rand­bere­ich der Mauer­steine war der Mör­tel meist lose, hat­te sich von den Steinköpfen gelöst und dro­hte weit­er abz­u­fall­en. All­ge­mein war der orig­i­nale Ver­putzmör­tel sehr weich und sandete stark ab. Bei den Mauer­steinen waren an zahlre­ichen Steinen Schalen­bil­dun­gen vorhanden.

Die bei­den vorgängig aus­ge­führten Muster zur Putzrestau­rierung zeigten einen gang­baren Weg auf, wie mit dem Putz auf der Mauer­fläche umge­gan­gen wer­den kann. Für die Mörtelmis­chung wurde Gruben­sand und Sumpfkalk ver­wen­det. Um die Far­bigkeit des Ergänzungsmör­tels auf das Erschei­n­ungs­bild des heuti­gen Putz­tons einzus­tim­men wurde der Mör­tel mit Farbpig­menten (Erd­far­ben) eingefärbt.

Am Anfang der Ver­putzarbeit­en zeigte sich der Flick­mör­tel nach dem Aus­trock­nen zu dunkel. Während der Restau­rierung musste der neue Putz mehrmals an die Far­bigkeit des Orig­i­nalputzes angepasst wer­den. Zu Beginn wurde der Mör­tel im Ver­hält­nis von drei Teilen Sand und einem Teil Sumpfkalk gemis­cht. Während der Restau­rierung zeigte sich aber, dass die Mörtelmis­chung für die Putzergänzun­gen nach dem Trock­nen des Mör­tels zu hart war. Es wur­den weit­ere Proben aus­ge­führt um die richtige Mis­chung für den Flick­mör­tel zu eruieren. Es zeigte sich, dass der Flick­mör­tel im Ver­hält­nis 5:1 gemis­cht wer­den musste, um diesen opti­mal bei Fehlstellen in den Alt­putz zu inte­gri­eren. Auch die Sand­mis­chung (Siebkurve) des Ver­putzmör­tels musste an den beste­hen­den Putz angeglichen wer­den. Als Grund­mis­chung wurde ein Gruben­sand von 0 bis 4 mm bere­it­gestellt. Die groben Kiesel­steine — die zahlre­ich im Alt­putz zu find­en sind — wur­den vor Ort je nach Bedarf der Sand­mis­chung beigegeben.

Für das Auf­tra­gen des Mör­tels zeigte sich, dass die Putzergänzun­gen sich am besten in das Gesamt­bild inte­gri­erten, wenn der Putz ange­wor­fen und aufger­aut wurde.Mit dem Aufrauen der Ober­fläche wurde auch die Sin­ter­schicht des Mör­tels ent­fer­nt und die Wasser­auf­nahme des neuen Mör­tels dem Alt­putz angeglichen. Bei ein­er starken Benet­zung der Mauer­fläche kommt es dadurch zu keinem stören­den Fleck­en­bild, da die neuen Putzflicke Wass­er aufnehmen können.

Für die Ver­putzarbeit­en wurde die Mauer­fläche mit Hil­fe eines Wasser­schlauchs reich­lich genet­zt. Zuerst wur­den die losen Putzteile im Rand­bere­ich der Mauer­steine ange­böscht, teil­weise auch hin­ter­gossen um diese zu sta­bil­isieren. Fehlstellen sind dann aus­ge­flickt wor­den. Bei den Mauer­steinen wur­den lose Schalen nicht ent­fer­nt. Die Schalen wur­den mit Ver­putzmör­tel ange­böscht und sta­bil­isiert. Durch die Anböschung der Schalen wird der Wasser­fluss über den Stein geführt. Das Ein­drin­gen von Wass­er zwis­chen Stein und Schale wird gestoppt.

Während den Restau­rierungsar­beit­en war natür­lich die Frage in wieweit man die Mauer­fläche mit dem Ergänzungsmör­tel aus­flick­en soll immer präsent. Es war rel­a­tiv schwierig das Ver­hält­nis zwis­chen belassen des Istzu­s­tands und weit­erge­hen­den Mörtel­ergänzun­gen zu find­en. Unumgänglich war, die aus­ge­wit­terten Par­tien im Bere­ich der Zin­nen und der Bögen stärk­er zu ver­putzen als die übrige Mauer­fläche. Diese Par­tien sind der Wit­terung stärk­er aus­ge­set­zt als die übri­gen Mauerteile. Zum Schutze dieser Mauer­par­tien erfol­gte der Mörte­lauf­trag in ein­er stärk­eren Inter­ven­tion (nur auf der linken Hälfte der Muster­fläche aus­ge­führt). Beson­ders beachtet wur­den auch die Anschlussstellen bei den Abdeck­un­gen der Zin­nen­scharten. Hier wur­den die Anschlussstellen so ver­putzt, dass der Wasser­abfluss opti­mal gewährleis­tet ist. Im Bere­ich der Zin­nen sind auch noch Reste von Flick­mör­tel vorhan­den die hydraulisch gebun­den sind (1916). Diese Putzteile wur­den belassen und nicht ent­fer­nt, sie zeich­nen sich heute etwas dun­kler ab. Bei der Mauer­fläche wurde die Inten­sität der Putzergänzun­gen ver­schieden aus­ge­führt. Auf der linken Mauer­fläche inner­halb der Muster­achse wur­den die Putzergänzun­gen etwas inten­siv­er aus­ge­führt als auf der recht­en Hälfte. Die Ein­bindung der einzel­nen Mauer­steine mit Ver­putzmör­tel erfol­gte links, weit stärk­er als auf der recht­en Seite. Rechts wur­den lediglich lose Mör­telschicht­en und Schalen auf den Mauer­steinen ange­böscht und fix­iert. Auf flächige Putzergänzun­gen zwis­chen den Mauer­steinen wurde verzichtet. Bei zwei Zin­nen wurde süd­seit­ig die Putzfläche auch restau­ri­ert. Grössere Par­tien waren mit einem hydraulisch gebun­de­nen Putz verse­hen. An zahlre­ichen Stellen war dieser Putz aber lose. Der lose hydraulis­che Mör­tel wurde ent­fer­nt, Par­tien die noch gut hafteten wur­den belassen. Die Putzergänzun­gen auf der Süd­seite der Zin­nen wur­den flächig aus­ge­führt, ohne dass Mauer­steine auf Sicht blieben.

Beson­dere Beach­tung wurde der Fau­na beigemessen. Grössere Löch­er in der Mauer wur­den belassen um Unter­schlupf für die Vögel zu gewährleis­ten. Beson­ders für die Mauersegler wur­den die Rand­bere­iche der Öff­nun­gen so ver­putzt, dass diese unge­hin­dert die Maueröff­nun­gen nutzen kön­nen. Daneben galt es auch Raum für Klein­le­be­we­sen wie Spin­nen, Käfer oder Wespen zu schaf­fen. Hierzu wur­den kleinere Löch­er offen gelassen um für diese Kle­in­st­tiere einen Leben­sraum zu erhalten.

Äste, und Wurzeln wur­den von der gesamten Mauer­fläche ent­fer­nt. Ein Hasel­strauch unter­halb ein­er Zinne wurde von der Stadt­gärt­nerei ent­fer­nt. Beson­ders wur­den auch die Flecht­en beachtet. Es galt die zum Teil sel­ten Flecht­e­narten zu schützen.

Während der Putzrestau­rierung kon­nte beobachtet wer­den, dass die Mauer­fläche ein­heitlich mit einem ein­schichtig aufge­tra­ge­nen Mör­tel ver­putzt ist. Der Mör­tel zeigt auf der Gesamt­fläche der Muster­achse ver­schiedene Körnigkeit­en. An einzel­nen Stellen zeigen sich grössere Par­tien mit groben Kiesel­steinen in der Putzmis­chung. Bei einzel­nen Stellen zeigt sich der Orig­i­nalputz mit weniger Kiesel­steinen. Neben dem hydraulis­chen Putz, mit dem zu Anfang des 20. Jh. Putzrepara­turen vorgenom­men wur­den, waren keine anderen Flick­mör­tel vorhan­den. Auch muss davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass der heutige Putz ver­mut­lich voll­flächig aus­ge­führt war. Mauer­steine waren wohl kaum auf Sicht. Es fan­den sich keine Stellen wo der Putz an Mauer­steine anschliesst und diese aus­ges­part haben (kein pietrarasa).

Zusam­men mit der Putzrestau­rierung wur­den bei zwei Zin­nen auch die Zin­nen­ab­deck­un­gen erneuert. Für die Mauer­ab­deck­ung mit Ziegeln wurde ein Sys­tem mit ein­er losen Ver­legungsart gewählt. Die beste­hende Ziege­lab­deck­ung wurde ent­fer­nt und die Mauerkro­ne neu aufgemörtelt. Für die Ver­legung der Ziegel wurde ein neues Mörtel­bett erstellt. Um die Ziegel ein­hän­gen zu kön­nen wur­den Lat­ten in das Mörtel­bett ein­ge­lassen. Diese Auss­parun­gen dien­ten dann als Nut für das Platzieren der Ziegel. Bei der linken Zin­nen­ab­deck­ung wurde dem Mör­tel für das Mörtel­bett der linken Hälfte ca. 5 % Weis­sze­ment beigegeben. Bei der recht­en Hälfte wurde für das Mörtel­bett ein rein­er Sumpfkalk Mör­tel (3:1) ver­wen­det. Eine Über­prü­fung der Fes­tigkeit des Mörtel­betts mit und ohne Zementzuschlag zeigte, dass ein reines Sumpfkalk­mörtel­bett den Ansprüchen genügt. Bei der Abdeck­ung der recht­en Zinne wurde dann ein rein­er Sumpfkalk­mör­tel für das Mörtel­bett ver­wen­det. Bei bei­den Zin­nen ist im Mörtel­bett ein Hohlraum aus­ges­part wor­den der für die Fle­d­er­mäuse dienen soll.

Die Abdeck­ung erfol­gte in ein­er Dop­peldeck­ung. Ver­wen­det wur­den handgemachte Biber­schwanzziegel aus ver­schiede­nen Epochen (15. Jh. bis 19. Jh.). Bei der linken Zinne kon­nte ca. 30 % bei der recht­en Zinne ca. 40 % der Ziegel wieder ver­wen­det wer­den. Die Ergänzungsziegel stam­men aus dem Lagerbe­stand der Fir­ma Würsch + Söhne. Die einzel­nen Ziegel sind mit der Nase in der Nut einge­hängt. Die ober­ste Rei­he ist als Schutz vor ein­er Ent­fer­nung mit Mör­tel einge­bet­tet und bündig mit der Mauer ver­legt. Die Ziegel haben bei der Abtropfkante einen Mauer­vor­sprung von ca. 10 cm. Bei der recht­en Zinne ist die unter­ste Rei­he der Ziegel eben­falls eingemörtelt. Mit dem Ein­mörteln der unter­sten Ziegel­rei­he musste das neue Mörtel­bett weniger tief aus­ge­führt wer­den. Für das Ein­mörteln der Ziegel wurde bei der linken Zinne dem Sumpfkalk­mör­tel ca. 5 % Zementzuschlag zugegeben. Das Ein­mörteln der Ziegel bei der recht­en Zinne erfol­gte mit reinem Sumpfkalk. Die Flecht­en auf der Ziegelober­fläche wur­den belassen. Bei der recht­en Zin­nen­ab­deck­ung wurde eine grössere Vielfalt an Ziegeln ver­wen­det, was ein schöneres Gesamt­bild ergibt.

Museg­gmauer Nord­seite — Abschnitt Wacht­turm bis Luegisland

Muster­achse (rot her­vorge­hoben) im Mauer­ab­schnitt Wacht­turm bis Luegisland

Kartierung Mauer­ab­schnitt Wacht­turm bis Lueg­is­land (Expert­cen­ter Zürich / GIS Dien­stleis­tungszen­trum Stadt Luzern)

Musterquadrat vor der Restaurierung

Musterquadrat nach der Restau­rierung mit weni­gen Intervensionen

Musterquadrat vor der Restaurierung

Musterquadrat nach der Restau­rierung mit stärk­eren Interventionen

Muster­achse vor der Restaurierung

Muster­achse nach der Restaurierung

Musterfläche Links:

Gesamt­fläche:                   53.3 m²
Fläche Flick­stellen:          14.0 m²
Umfang Flick­stellen:     652.0 m1
Anzahl Flick­stellen:       1’148 Stk.

Musterfläche Rechts:

Gesamt­fläche:                   53.3 m²
Fläche Flick­stellen:            7.8 m²
Umfang Flick­stellen:     287.0 m1
Anzahl Flick­stellen:         405 Stk.

Literatur:

Diverse Artikel unter www.museggmauer.ch
Unsere Kun­st­denkmäler: Kan­ton Luzern / Stadt Luzern

Bauherrschaft:

Stiftung für die Erhal­tung der Museggmauer

Experten:

Eduard Müller Bun­de­sex­perte EKD
Dr. Georg Carlen Kan­tonaler Denkmalpfleger

 

Expertenteam:

Jürg Manser Kantonsarchäologe

Andreas Küng Expert­cen­ter Zürich
Per Store­myr Expert­cen­ter Zürich

Her­mann Fetz Bauforschung

Her­mann Obrist Bauforschung

Thomas Schmid Stadt­gärt­ner
Ste­fan Her­fort Umweltschutz

Dr. Urs Peter­mann Ornithol­o­gis­che Gesellschaft Luzern

Michael Diet­rich Umwelt­büro für Flechten

Ruth Ehren­bold Kan­tonale Fledermausschutzbeauftragte

 

Architekt:

Iwan Büh­ler Luzern

Bar­bara Vogt (Büro Iwan Bühler)

 

Restaurierung Putz:

Mar­tin Hüp­pi Restau­ra­tor SKR Littau

Knöchel + Pun­gi­tore AG  Littau

 

Restaurierung Stein:

Vitus Wey Bild­hauer / Restau­ra­tor SKR Sursee

 

Ziegelabdeckungen:

Würsch Söhne AG Luzern